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Tausende isländische Beschäftigte als Mitwirkende in zwei Experimenten

Zusammen mit dem Stadtrat der Landeshauptstadt Reykjavik hat die isländische Regierung 2014 eine große Studie angestoßen. In zwei verschieden angelegten Untersuchungen ging es darum, herauszufinden, wie sich eine verkürzte Arbeitswoche auf das Leben und das Berufsleben der getesteten Personen auswirkt. Die erste Untersuchung fand von 2014 bis 2019 statt, die zweite von 2017 bis 2021.

Die Ergebnisse wurden jetzt veröffentlicht und sind durchgehend positiv ausgefallen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass mehr Freizeit glücklicher und produktiver macht. Aufgrund dieser erfolgreichen Tests haben in Island mittlerweile 86 Prozent der arbeitenden Bevölkerung kürzere Arbeitszeiten oder sind dabei, diese durchzusetzen.

Die normale Arbeitswoche

Eine normale, eng getaktete Arbeitswoche dauert nicht nur in Island, sondern auch in anderen europäischen Ländern fünf Tage. Jeder Arbeitstag hat acht Stunden, sodass die normale Dauer der wöchentlichen Erwerbstätigkeit, wie etwa in Deutschland, bei 40 Wochenstunden liegt. In Island sollte es anders werden. Hier wurde ein großes Experiment gewagt. Für eine Studie führte die Regierung die Viertagewoche ein.

An 100 Arbeitsplätzen nahmen insgesamt mehr als 2500 Berufstätige an der Studie teil. Bei gleichem Lohn wurde ihre Arbeitszeit von 40 auf 35 Wochenstunden reduziert. Sie arbeiteten während der Dauer der Studie nur an vier Tagen in der Woche. Anders als erwartet steigerte sich die Produktivität der Beschäftigten.

Die Viertagewoche als Konzept für die Zukunft

Eine verkürzte Arbeitswoche ist die Basis einer Work-Life-Balance. Sie macht die an den Studien beteiligten Arbeitskräfte glücklicher und leistungsfähiger. Diese Vermutung schwebt schon seit Jahren im Raum, weswegen sich Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen schon lange für die Viertagewoche eingesetzt haben. 2014 war es dann so weit, dass die Regierung die Hauptstadt Reykjavik für den Versuch „freigegeben“ hat. Der Stadtrat wählte die Arbeitsbereiche aus, deren Beschäftigte bis 2019 fünf Jahre lang als Testpersonen dienen sollten. Es waren vor allem welche aus den Kindertagesstätten und aus Servicezentren.

Während der zweiten Studie, die von 2017 bis 2021 dauerte, waren es 440 Beamte, die in die Viertagewoche gingen. Auch bei ihnen wurde kein Produktivitätsverlust und auch keinen Verlust an der Arbeitsqualität festgestellt. Viele Teams arbeiteten sogar besser. Absprachen verbesserten sich und auch die Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen. Doch nicht nur das. Es verbesserte sich insgesamt auch das Wohlbefinden der Testpersonen. Beispielsweise verringerte sich die Stress- und Burnout-Wahrnehmung. Das liegt auch daran, dass die Arbeitseinteilung anders organisiert werden musste, denn verkürzte Arbeitszeiten bedeuten automatisch mehr Freizeit und längere Wochenenden. Insgesamt stieg interessanterweise parallel zum Wohlbefinden der Menschen auch deren Arbeitsleistung.

Das Konzept der Work-Life-Balance überzeugt

Die Ergebnisse der isländischen Studien haben Verantwortliche auch in anderen europäischen Ländern aufmerksam gemacht. Die Einführung der verkürzten Arbeitswoche wird ernsthaft diskutiert. In wissenschaftlichen Kreisen gilt das isländische Experiment schon heute als „Blaupause“. Es wurde ein Standard gesetzt, an dem sich Regierungen weltweit orientieren können. Die Arbeitswochen der Zukunft können überall anders aussehen.

Die Gesellschaften sind reif für kürzere Arbeitszeiten. Regierungen können von Island lernen und ihre Lehren daraus ziehen. So sieht es zumindest Will Stronge, der Forschungsdirektor des Experiments. Der Erfolg zeigt sich in Island vor allem auch daran, dass mittlerweile ein Großteil der erwerbstätigen Bevölkerung von kürzeren Arbeitszeiten profitiert.

Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronavirus-Pandemie haben dazu geführt, dass sich Regierungen anderer Länder das Island-Experiment genau angeschaut haben. So testet seit Mai 2021 die spanische Regierung die Viertagewoche. Sie genehmigte ein Pilotprojekt, das sich über drei Jahre erstrecken soll und sagte den teilnehmenden Unternehmen finanzielle Unterstützung in Höhe von 50 Millionen Euro zu.

Auch die neuseeländische Regierung unter Premierministerin Jacinda Ardern führte die Viertagewoche ein. Hier geht es speziell darum, der von der Coronavirus-Pandemie stark gebeutelte Wirtschaft Neuseelands wieder auf die Beine zu helfen. Es gibt also viele gute Gründe, eine verkürzte Arbeitswoche einzuführen. Island ist der Vorreiter. Viele werden folgen.

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